Musikerin aus Leidenschaft: Kristin Bittig aus Merkwitz ist Teil der Band „Voice of Thistle“ / Gruppe arbeitet derzeit an einem neuen Album
von: Kunze, Christian
Merkwitz/Wurzen/Eilenburg.
Man trifft sich immer zwei Mal im Leben:Aeryn, alias Kristin Bittig und die weiteren Mitglieder der Folk- und Rockband „Voice of Thistle“ haben das im Jahr 2020 erfahren dürfen. Die OAZ sprach mit dem Quintett mit Wurzeln in Merkwitz, Eilenburg, Wurzen, Bennewitz und Wittenberg über ein Wiedersehen in einem besonderen Jahr, die Affinität zu Inseln – und wie man trotz Kontaktverboten näher zusammenrückt.
Ochni und Chrispi, alias Olaf und Chris Pichl aus Wurzen und Bennewitz, Horitio, alias Jens Herrling aus Eilenburg und Fidel Pedro, alias Peter Hildebrandt aus Bergwitz bei Wittenberg verbinden bei ihren Auftritten traditionelle Klänge aus Irland und Schottland mit modernen elektronischen Elementen. Auf einer anderen Insel, Rügen, entstand der Name der Gruppe. Am Lagerfeuer sinnierten sie über das Nationalgewächs der Schotten – die Distel (englisch Thistle) – warum also der Pflanze nicht eine Stimme (englisch Voice) oder besser – einen Klang geben? Anfang der 2000er Jahre kreuzte ein junges Mädchen ihren Weg, welches das ohnehin breite Repertoire an Instrumenten um Gitarre, Mandoline, Violine, Bass, Percussion, Geige noch um die Querflöte und Whistle erweiterte: Aeryn alias Kristin, die den Weg der Band damals drei Jahre lang begleitete.
Im September 2019 kreuzten sich die Wege erneut – zur Vorbereitung auf ein Jubiläumskonzert anlässlich der 20. Highland Games in Trebsen. Der Wunsch wieder öfter zusammen zu musizieren, fruchtete. Dann kam Corona – und der Lockdown, ergo: Stillstand für den Kulturbetrieb, der die Pläne zunichte machte, sollte man meinen. Doch weit gefehlt: „Die Intensität der kommenden Wochen hat uns beflügelt, wir wollten an den neuen Ideen festhalten, die Pandemie brachte uns trotz Abstandsregeln und Kontaktverboten näher zueinander“, so Kristin Bittig. Eine Erfahrung, die sich auch darin widerspiegelt, dass die Musik als Ausgleich zum Beruf eine höhere Priorität bekam. „Wir waren einerseits stark eingebunden und andererseits ausgebremst. Da rücken wesentliche Dinge wie Musik und die Menschen, mit denen man sie teilt, stärker in den Fokus“, so die einzige Frau der Band.
In den Folgewochen fehlten Auftritte, untätig waren die fünf Hobbymusiker aber nicht. Die Produktion des zweiten Albums wurde durch den zweiten Lockdown vorangetrieben. Nun ist es wieder ein Stück weit schwieriger, da immer nur zwei Menschen zugleich miteinander aufnehmen dürfen, genau wie die Videos im Advent, die sie der Fangemeinde – und sich selbst, in den vergangenen Wochen via Facebook – als vorweihnachtliche Überraschungen – nach Hause schickten. Auch das sei ein gutes Mittel, um gegen die Ungewissheit anzukämpfen, wie es weiter geht.
Am meisten fehlt der Band das gemeinsame Proben. „Wir funktionieren nur im Zusammenspiel, das darf einfach nicht abreißen“, sagt die 32-Jährige, in der Hoffnung, dass im Laufe des neuen Jahres wieder mehr möglich ist – auch vor Publikum. „Die Quintenessenz ist, dass wir uns als Band nicht allzu ernst nehmen. Welche Gruppe dreht sonst noch Tischtennis-Videos? Das merkt man auch auf der Bühne: Die Dialoge während der Konzerte sind genauso wichtig wie die Songs an sich. Wir wollen unterhalten – mit allem, was dazu gehört“, ergänzen Chrispi und Horitio. Egal, ob im Mückenschlösschen Leipzig, zuletzt vor nur 50 Zuhörern, bei den Highland Games oder Festivals, auf Märkten oder Geburtstagsfeiern, das Quintett sehnt sich nach Livemusik. Bis es soweit ist, steht die Arbeit am neuen Album im Mittelpunkt. Ein Titel, „The Ferryman“, ist fertig und auf Facebook, Instagram und Youtube abrufbar. „Der Song handelt von einem Fährmann, der nicht mehr arbeiten kann, weil über den Fluss, an dem er Dienst tut, eine Brücke gebaut wird“, verrät Aeryn. Für einen ist es das Ende, für andere ein Neubeginn. Die Idee entstand unabhängig von Corona – und ist doch Sinnbild für so manches Paradox in diesem Jahr.